Erfahrungsberichte
Ein Freiwilligendienst und die damit verbundene Auswahl des Tätigkeitsfeldes und der Einsatzstelle ist immer eine sehr individuelle Angelegenheit.
Die hier veröffentlichten Erfahrungsberichte können nur einen kleinen Einblick in mögliche Aufgabenfelder und kulturelle Hintergründe in den Gastländern ermöglichen und sind nur als Beispiele zu verstehen. Außerdem möchten wir darauf hinweisen, dass Erfahrungsberichte immer von der subjektiven Wahrnehmung eines/einer jeden Freiwilligen geprägt sind und nicht als objektive Aufgabenschilderung oder länderkundliche Beschreibung dienen können.
Freiwilligendienst in Sanary sur Mer, Frankreich, 2022-2023
Deutsche Schule Rom, Italien, 2022-2023
von Clara Baumann
"Was macht dich einzigartig?", werden wir auf einem der Ausreiseseminare gefragt. Je länger wir darüber nachdenken, desto mehr Gemeinsamkeiten erkennen wir. Und genau darum ging es.
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Name: Clara Baumann
Einsatzstelle: Deutsche Schule Rom
Land: Italien
Über Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Momente in Rom "Was macht dich einzigartig?", werden wir auf einem der Ausreiseseminare gefragt. Je länger wir darüber nachdenken, desto mehr Gemeinsamkeiten erkennen wir. Und genau darum ging es.
Plötzlich sehen wir unseren eigenen Wert, aber auch, wie viel wir doch gemeinsam haben. Wir sind auf vielen verschiedenen Ebenen so unterschiedlich.
So einzigartig.
Und haben doch so viel gemeinsam.
Wir sind alle gleich und doch so verschieden.
Und jetzt bin ich hier in Italien, in einem anderen Land und stelle mir wieder die Frage: „Was genau unterscheidet uns?“ Aber vor allem: „Wo haben wir auch Gemeinsamkeiten?“
Einige Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennt man auf den ersten Blick. Jeder Tourist würde sie erkennen. Für andere muss man länger hier leben, hinter die Fassade schauen. Nicht nur um die Ecke der nächsten Gasse biegen, um etwas Neues zu entdecken, sondern auch auf die Menschen schauen. Ich weiß nicht, ob ich dafür lange genug in Rom lebe, aber ein paar Dinge sind mir trotzdem aufgefallen.
In Rom gibt es ähnliche öffentliche Strukturen wie in Deutschland. Es gibt ähnliche Lebensmittel. Die Menschen schauen ähnlich aus. Die Wasser- und Stromversorgung funktioniert ähnlich gut. Wobei die Heizungen erst ab einem bestimmten Datum angemacht werden dürfen und das meistens so spät ist, dass es eine Übergangszeit gibt, in der viele Menschen in kalten Wohnungen sitzen. Auch hier in Italien gibt es viele Regeln und Bürokratie. Außer im Straßenverkehr wird auch sehr auf die Einhaltung geachtet.
Der Zeitrhythmus ist ein bisschen anders. Und das habe ich erst nach ein paar Wochen wirklich erkannt. Dass die Läden auch sonntags offen haben oder mittags geschlossen merkt man schnell, aber dass viele in der Bevölkerung ein bisschen andere Zeiten haben, habe ich erst später gemerkt. Z.B. gehen viele Italiener:innen erst ab neun zum Essen in ein Restaurant oder das Konzert beginnt erst ab halb elf. Auch für Kaffee gibt es ganz spezielle Zeiten und inoffizielle Regeln, die man erst einmal durchschauen muss. Cappuccino z.B. trinkt man nur am Morgen, danach trinken viele Espresso, der hier „café“ heißt. Überhaupt finde ich, dass man in Italien großen Wert auf Essen und Trinken legt. Dabei merkt man auch, wie hoch der Wert der Gemeinschaft ist. Gegessen wird nämlich oft in großen Gruppen. Als wir einmal in einem typischen Restaurant waren, in dem fast nur Einheimische waren, konnten wir uns kaum unterhalten, denn die Italiener:innen haben kreuz und quer durcheinander geredet und keinen großen Wert auf ein ruhiges Umfeld gelegt. Die Rechnung zahlt dann meistens eine Person und in manchen Restaurants kann man gar keine getrennte Rechnung verlangen.
Zum Thema Essen gehören auch die Süßigkeiten ☺. Dabei fällt auf, dass es in den Supermärkten viel weniger Auswahl an Schokolade und Gummibärchen gibt. Dafür gibt es die „Pasticceria“, bei der man häppchengroße Minitortenstücke und Kekse kaufen kann, an jeder Ecke gibt es gutes Eis oder auch Tiramisuläden.
Soviel zu ein paar mehr oder weniger sichtbaren Gemeinsamkeiten und Unterschieden.
Erst als ich aber mit zwei Freunden aus meinem Heimatdorf telefoniere und sie mir von der Herzlichkeit erzählen, die sie auf einem Bauernmarkt in unserem Dorf erlebt haben, denke ich auch an die Stimmung auf dem Markt in Rom. Und erst da sehe ich die Gemeinsamkeit der Offenheit und Herzlichkeit, die ich auch aus meinem Heimatdorf kenne. Auch wenn man es wie alles weder auf ganz Deutschland noch auf alle Italiener:innen übertragen kann und ich hier auch schon öfter das Klischee gehört habe, dass die Deutschen eher verschlossen sind. Es sind oft nur kleine herzliche Momente hier.
Der Kellner, der sich Zeit für einen nimmt, wenn man alleine am Tisch sitzt.
Der Marktverkäufer, der einem einfach zwei Äpfel mehr in die Tüte packt.
Die Mutter, mit der ich im Smalltalk immer versuche italienisch zu reden und die im Gegenzug mit mir deutsch spricht, um auch ihre Sprachkenntnisse zu verbessern.
Das einfache „Ciao bella“ als Begrüßung des Verkäufers in der Bar, der schon weiß, dass ich immer einen Cappuccino bestelle.
Und erst da wird mir bewusst, dass es diese Offenheit und Herzlichkeit von Italiener:innen und genauso von deutschen Kolleg:innen und meiner Mitfreiwilligen ist, die mich hier so schnell wohl und willkommen fühlen ließen.
Über Momente in der Arbeit
Auch nach dem 3. Monat in der Arbeit an der Deutschen Schule Rom kann ich immer noch sagen, dass ich gerne hier bin. Ich habe meine Rolle gefunden und mag sie gerade sehr gerne. Ich genieße es, mit den Kindern richtig in Beziehung zu gehen, mit ihnen zu reden und auch die Zeit zu haben, ihnen zuzuhören.
Immer wieder ergeben sich so schöne Herzensmomente:
- … wenn einem die Kinder lauthals Lieder vorsingen.
- … wenn sie plötzlich etwas verstehen, was sie so lange versucht haben und davor ganz schwer war.
- … das Leuchten in den Augen, wenn sie sich für etwas begeistern.
- … wenn sich auch Kolleg:innen freuen, wenn ich komme.
- … die Rückmeldung einer Mutter beim Tag der offenen Tür, dass ich eine tolle Lehrerin sei und man mir anmerkt, dass mir Förderung und Kinder am Herzen liegen.
- … wenn die Kinder meine Förderung als „spielen“ bezeichnen, weil sie sie gar nicht als Arbeit wahrgenommen haben.
- … zu sehen und zu hören, wie wohlwollend und wertschätzend Lehrkräfte mit Schüler:innen umgehen und daraus immer wieder neue Impulse zu ziehen.
- … wenn man mit einer Kleingruppe im Nebenraum arbeiten soll und fast alle Kinder die Hand heben, als die Lehrerin fragt, wer mitgehen will“
- … wenn mir das Vertrauen für Förderungen entgegen gebracht wird und sich mein Theoriewissen langsam mit Praxisbeispielen füllt.
- … die echte Neugier in den Fragen der Kinder.
- … den Prozess mitzuerleben, wie die Kinder in der 1. Klasse von den ersten unsicheren Buchstaben jetzt selbstständig ganze Worte schreiben.
- … oder die Entwicklung, wenn die Arbeitsatmosphäre in der Nachmittagsgruppe besser wird, weil die Kinder merken, dass ich das Beste für sie will und sich die Beziehungsarbeit lohnt, die ich investiert habe.
- … zu sehen, wie wertvoll die Momente sind, wenn man gemeinsam mit den Kindern lacht.
- … das einfache „Danke, dass du da warst und heute geholfen hast.“
Es sind viele kleine wertvolle Momente, die ich mir manchmal mehr, manchmal weniger, immer wieder bewusst machen muss. Aber sie sind es, die die letzten Monate so erfüllend und bereichernd für mich gemacht haben.
Ich erinnere mich wieder an die Worte meiner Dozentin: „Behalten Sie sich Ihre Freude und Begeisterung und geben Sie sie an die Schüler:innen weiter.“
Und erst jetzt erkenne ich die Wichtigkeit und die Bedeutung, die in diesem Satz steckt. Dankbar reflektiere ich hier mit ein bisschen Abstand auch immer wieder meine Ausbildungszeit. Ich bin dankbar, den Rat meiner Dozentin immer wieder umsetzen zu können. Ich bin dankbar für die vielen kleinen Momente, die ich nach drei Monaten Ausland, drei Monaten Rom, drei Monaten Praxiserfahrung schon erleben durfte.
Über Urlaub, Abstand und (wieder) ankommen
Über die Herbstferien fahre ich ein paar Tage in die Region Cinque Terre, wo ich mich mit meiner Zwillingsschwester und zwei weiteren Freiwilligen aus dem Norden Italiens treffe. Wir verbringen ein paar unbeschwerte Tage, in denen wir die fünf Küstenorte der Region anschauen. Jeder Ort ist auf seine Weise einzigartig. Mit den bunten Häusern, die sich an die Felsen schmiegen. Wir gehen ein bisschen wandern und im November noch im Meer baden.
Der Abstand tut gut.
Vor den Ferien habe ich gemerkt, wie ich ruhiger geworden bin. Nach zwei Monaten Praxiserfahrung habe ich angefangen, über mich selbst nachzudenken. Welche Werte will ich leben und vorleben? Wie schaffe ich das überhaupt? Wie will ich als Lehrerin sein?
Ich bekomme so viele Impulse, so viele Denkanstöße. Von Kolleg:innen. Von vielen Situationen im Alltag, die herausfordernden wie die schönen. Von Reflexionsgesprächen. Von den Kindern. Dafür bin ich sehr dankbar! Aber es kann auch unglaublich anstrengend sein, über sich selbst nachzudenken. Und gleichzeitig genieße ich es, die Zeit zu haben, mich auszuprobieren und meine Werte nach und nach finden zu können. Nichts muss sofort klappen, sofort perfekt sein.
Alles ist ein Prozess.
Mit dem Zug fahre ich von Cinque Terre wieder zurück nach Rom.
Ich steige aus dem Zug aus. Das Erste, was ich sehe, ist die beleuchtete Kuppel des Petersdoms. „Angekommen“, denke ich, erleichtert, nach der langen Zugfahrt endlich da zu sein. Doch das Gefühl ist noch tiefer. Es fühlt sich vertraut an, in Rom anzukommen. Ein bisschen wie „nach Hause kommen“. Erst nach ein paar Tagen Abstand von der Stadt wird mir das richtig bewusst.
Schon fast routiniert überquere ich den Zebrastreifen, an dem keiner anhält. Glücklich warte ich mal wieder viel zu lange auf den verspäteten Bus. Ich bin angekommen in Rom.
Wieder in der Schule merke ich, wie ich mich auf die Kinder freue und sie sich auf mich. Es ist ein schönes Miteinander zwischen uns entstanden. Natürlich sind da auch immer wieder herausfordernde Momente, aber gerade aus denen nehme ich am Ende richtig viel mit. Auch schön ist gerade das Miteinander in unserer WG. Neue Leute sind eingezogen. Andere u.a. mein Mitfreiwilliger sind ausgezogen. Wir machen gemeinsam viele Ausflüge in und um Rom und entdecken gemeinsam die Stadt.
Arche in Cognac, Frankreich, 2022-2023
von Elisabeth Hein
„Ich würde direkt wieder die gleiche Einsatzstelle wählen! Die Arche ist meiner Meinung nach solch eine tolle Einrichtung und der Freiwilligendienst dort solch eine bereichernde und inspirierende Arbeit. Ich habe mich dort so gut aufgehoben gefühlt. Meine Arbeit und ich selbst als Person wurden sehr geschätzt, ich selbst konnte so vieles dazulernen. Am schönsten war wahrscheinlich die Freude und der Dank der Personen, die mir jeden Tag während der Arbeit entgegengebracht wurden. Ich habe mich wohl gefühlt in den Aufgaben, die ich erledigt habe und es tat sehr gut zu wissen, etwas wirklich Sinnvolles zu tun.“
Medienprojektzentrum Offener Kanal Kassel 2016
Ein ehemaliger Freiwilliger des sfd berichtet über seine Erfahrungen.
Xingxingyu, China, 2012-2013
von Mascha Menzel
Es ist der 07. September 2012. Seit über einem Monat bin ich nun hier in Peking. Unglaublich, wie schnell die Zeit vergangen ist und wie viel ich in dieser kurzen Zeit schon über Peking, über die Chinesen, über die Sprache – und natürlich über die Kinder in meiner Einsatzstelle gelernt habe. Mittlerweile fühle ich mich richtig heimisch, obwohl es noch vieles gibt, an das ich mich erst gewöhnen muss.
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Name: Mascha Menzel
Einsatzstelle: Xing Xing Yu / Stars & Rain
Land: China, Beijing
Ankunft
Wenn ich zurück denke an den 03. August muss ich echt schmunzeln. Gegen 14 Uhr sind wir an dem Tag hier gelandet. Das Erste, was wir unvermeidbar bemerkten, war die Hitze! Zudem war einfach alles groß, beeindruckend und überall waren Zeichen. Es war schon ein Schocker kaum etwas lesen zu können. Aber zum Glück wurden wir von Philipp, dem ehemaligen Freiwilligen, der den Dienst vor uns, also von 2011 - 2012, im XXY leistete, abgeholt. Es ging für mich erst mal daran, Euro in RMB zu wechseln, da das sich das in China wirklich anbietet. Hier ist ein viel besserer Wechselkurs.
Direkt im Anschluss haben wir uns erst mal ein Taxi gesucht, denn unseren Koffern U-Bahn zu fahren, wäre wirklich ein Abenteuer gewesen. Es stellte sich als nicht so leicht heraus, ein Taxi zu finden, dass 4 Personen samt Gepäck mitnehmen wollte, besonders eins, das einen nicht um das Fahrgeld betrog. In Peking gibt es nämlich viele „schwarze“ Taxis, die vor allem Ausländer entweder austricksen oder mit einem vorher einen bestimmten, teureren Preis aushandeln, für den sie einen dann zum gewünschten Ziel fahren.
Glücklicherweise hatten wir aber ja Philipp, der natürlich nicht nur Ahnung vom Taxifahren in Peking hatte, sondern auch noch ziemlich gut Chinesisch sprechen kann. Wir fanden dann eben doch noch ein Taxi, das uns, zwar mit unseren Koffern auf den Knien, aber dafür für umgerechnet faire 6€, nach Dongxu brachte.
Unser Dorf
„The New Village“ Dongxu ist das Dorf, in dem wir wohnen und arbeiten. Hier sind auch die Sitze des XingXingYu Kindergartens und des ehemaligen Group Homes. Es liegt ziemlich weit außerhalb von Peking, man braucht in etwa 1 Stunde, um mit Bus und Bahn in die Innenstadt zu fahren. Das Dorf ist sehr verwinkelt, überall gibt es kleine Läden und Restaurants, die nicht wie welche aussehen, kleine Straßen, die irgendwann in etwas größeren münden, welche wiederum durch bunte, beeindruckend und „echt chinesisch“ aussehende Tore aus
dem Dorf heraus in andere Dörfer führen. Das Leben hier ist sehr einfach und auch sehr billig, aber nicht schlecht. Eine normale Mahlzeit im Restaurant bekommt man hier für umgerechnet zwischen 1 bis 3 €.
Eine große Hauptstraße führt durch das Dorf. Auf ihr fährt auch die Buslinie 532, die einen zur nächstliegenden U-Bahnstation bringt. Abends, wenn diejenigen, die tagsüber in der Stadt arbeiten, nach Hause kommen, füllt sie sich mit Leben. Dann sitzen viele Familien oder Freunde an den Tischen des Grillstands, des Spießgrills oder den kleinen Restaurants und lassen den Tag gemeinsam ausklingen. Ich finde die Atmosphäre immer sehr gemütlich.
Unsere Wohnung
Unsere Wohnung ist sehr nett. Wir wohnen zusammen mit einer freundlichen, älteren Dame, die 3 Zimmer an uns vermietet und nur Chinesisch spricht. Die Sprachverständigung funktioniert aber trotzdem. Für jedes Zimmer zahlen wir monatlich zwischen 100-120 €. Wir haben jeder einen Ventilator bzw. eine Klimaanlage und bekommen an kalten Tagen und im Winter zu den ohnehin schon vorhandenen Decken noch welche dazu gesponsert. Wir nutzen einen gemeinsamen Kühlschrank, ein gemeinsames Bad und können, wenn wir möchten, auch die Küche benutzen. Bisher hat jedoch noch keiner von uns gekocht, da wir immer auswärts essen gehen. Die Dusche ist ein kleiner Raum, zu dem eine Tür im kleinen Innenhof führt. Wir haben dort kaltes und heißes Wasser zur Verfügung. Mein Zimmer finde ich total klasse. Wir haben alle ein großes, höherliegendes Bett, einen kleinen Schreibtisch, einen zweiteiligen Schrank, Nachttisch und eben einen Ventilator. Leider zeigt das Fenster in meinem Zimmer nicht nach draußen, sondern in einen kleinen Flur, weswegen es hier meistens relativ dunkel ist und nicht besonders viel Frischluft hereindringt.
Die Arbeit
Meine Einsatzstelle, das XingXingYu alias Stars & Rain wurde im Jahre 1993 aus einer Elterninitiative heraus gegründet und ist Chinas erste nicht-staatliche pädagogische Organisation, die autistische Kinder betreut. Als NGO (NonGovernmental Organisation) erhält das XXY vom Staat keine Unterstützung. Die Lehrer haben es sich zum Ziel gesetzt, den autistischen Kindern eine gesunde persönliche Entwicklung, eine Verbesserung der Lebensqualität und die Chance der Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen. Die Schule ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Es gibt den Kindergarten, in dem Eltern autistischer Kinder Schulungen von 11 Wochen erhalten, um die Behinderung ihres Kindes verstehen und damit zu leben lernen. Ihre Kinder erhalten in dem Zeitraum ebenfalls Unterricht.
Zudem gibt es das ehemalige Group Home, in dem 6 Kinder von 11 bis 18 Jahren unterrichtet werden. Dort ist auch unser Arbeitsplatz.
Momentan wird im dort alles renoviert. In den ersten Wochen wurde der erste Stock neu gestrichen und das Bad neu gefliest, sowie eine neue Toilette eingerichtet. Jetzt wird das Erdgeschoss renoviert. Dafür haben wir eine Woche lang nichts anderes getan, als Spielsachen in Kisten zu packen und Möbel, Bettzeug und vieles mehr in den Garten zu schleppen, wo alles nun herumsteht und darauf wartet, dass die Renovierungsarbeiten vollendet werden. Damit ist es uns völlig unmöglich, die unteren Bereiche, geschweige denn den Garten, in dem ein Basketballkorb und eine Hollywoodschaukel stehen, zu nutzen. Leider sind auch die zuständigen Arbeiter ziemlich unzuverlässig und kommen wann sie lustig sind, weshalb sich alles unendlich in die Länge zieht. Wir hoffen alle, dass die Arbeiten bald abgeschlossen sind und wir die Räume und den Garten bald wieder nutzen können.
An unserem Ankunftstag hatten wir auch schon einen der Lehrer des Xing Xing Yu kennen gelernt und waren mit ihm Essen und Einkaufen gegangen. Am Montag, den 06. August, ging dann die Arbeit los. Ich beschreibe mal den Tagesablauf, der jeden Tag identisch ist. Wir Freiwilligen arbeiten offiziell von 8:30 Uhr bis 16:30 Uhr, reell von 8:15 Uhr bis 16:45 Uhr. Um 8:15 Uhr holen wir die Kinder vom Huiling, der anderen Organisation mit der das XXY zusammen arbeitet, ab und laufen gemeinsam mit den Lehrern vom Huiling zum XXY. Die Kinder verbringen im Huiling die Abende und Nächte, den Tag verbringen sie XXY, wo sie Unterricht und Mahlzeiten erhalten. Gegen 9:00 geht die Morgenrunde los, in der die Kinder bestimmte Sätze sagen, alle begrüßt werden und das Datum sowie das Wetter geübt werden. Danach machen alle einmal Sport und anschließend geht der Unterricht los. Da aber nicht alle Kinder gleichzeitig unterrichtet werden ist es unsere Aufgabe als Freiwillige sie in der Zeit entweder zu betreuen oder zu beschäftigen. Unsere Möglichkeiten sind meist abhängig von der Stimmungslage des jeweiligen Kindes.
Ein Kind backt mit einem Freiwilligen jeden Morgen diese Kekse, die später verpackt und verkauft werden. Deshalb haben zwei Kinder die Aufgabe Klebezettel auf Tütchen zu kleben, die für den Verkauf von den Keksen verwendet werden. Dabei betreuen und unterstützen wir sie.
Gegen 12 Uhr gibt es Mittagessen, mit dem momentan alle sehr unzufrieden sind. Es gibt jeden Tag dasselbe, es ist qualitativ schlecht und vergleichsmäßig wahnsinnig teuer. Deshalb bekommen wir ab dem 01. Oktober anderes Essen geliefert, welches wir vorher aus einer Menükarte auswählen werden, was wir als zusätzlichen Punkt in die Morgenrunde einbauen. Da können sich die Kinder dann je nach ihrem Geschmack ihr Essen selbst aussuchen.
Nach dem Essen machen wir mit den Kindern einen gemütlichen Spaziergang von ungefähr 45 Minuten mit kleiner Pause. Wir laufen dafür in Richtung Felder, wo es zwischen Straße und Feld einen kleinen Weg gibt, der zwischen Bäumen und Büschen langführt.
Nach dem Spaziergang wird noch einmal unterrichtet und die Kinder machen alle noch einmal Sport. Wir haben angefangen viel zusammen Musik zu hören, da sie sehr beruhigend auf die Kinder wirkt. Früher gab es eine richtige Musikklasse, die auch als Entspannungszeit genutzt wurde. Ich möchte versuchen, diese wieder einzuführen.
Um 16:30 Uhr kommen die Lehrerinnen des Huilings und holen die Kinder wieder ab. Wir begleiten sie und können anschließend auch nach Hause gehen.
Wir haben uns überlegt eine kleine Percussion-Klasse zu gründen. Dazu basteln wir mit den Kindern Rasseln, Shaker und einen Regenstab, um dann mit 2 Freiwilligen und 3 Kindern 2-3 Mal in der Woche ein wenig rhythmisch aktiv zu sein. Alle Kinder mögen Musik nämlich sehr gern und sie haben auch Freude daran, selbst Geräusche zu produzieren. Wie gut sich der Plan also umsetzen lässt und wie die Kinder sich dabei anstellen, sehen wir wenn die Renovierungsarbeiten endlich abgeschlossen sind.
Normalerweise kann man sich immer mal zwischendrin ein Kind zur Seite nehmen und mit ihm irgendwas machen, es zum Beispiel Formen oder Bilder anmalen lassen, sofern es dazu in der Lage ist, oder andere Dinge tun, die es mag. Es ist immer gut, wenn die Kinder beschäftigt werden und sich nicht langweilen, weil sie sonst auf dumme Ideen kommen. Sie zeigen einem, wenn sie etwas nicht mögen oder wenn sie Spaß an etwas haben, weshalb man auch einfach mal etwas ausprobieren oder wagen kann. Dadurch entdeckt man in den Kindern häufig kleine Talente oder Fähigkeiten, die einem bisher verborgen waren.
Überhaupt wurde ich sehr überrascht, wie sehr die Kinder doch in Interaktion mit einem treten. Sie suchen sich alle ihren individuellen Weg zu kommunizieren und es ist unglaublich motivierend und schön zu merken, dass das Kind Vertrauen zu einem gefasst hat, in dem es z.B. meine Hand in seine nimmt, sich an einem ankuschelt oder einem direkt in die Augen sieht.
Die Stadt
Peking ist wahnsinnig beeindruckend. Es ist keine Übertreibung, wenn man von einer Weltstadt spricht. Allerdings kann man sehr schnell die falsche Vorstellung der Stadt kriegen, in dem man sie mit berühmten Riesenstädten wie Hong Kong oder Tokyo assoziiert. Denn so ist Peking ganz sicher nicht, obwohl es versucht so zu sein. In Peking ist auf den ersten Blick alles sehr groß und atemberaubend. Auf den zweiten ist Peking vor allem eines: herausfordernd. Es gibt hier viele Ecken, die dem Konsumorientierten ein Paradies bieten, wer aber genau hinschaut, bemerkt, dass vieles einen fast tragisch-kontinuierlichen Ablauf hat, an den alle gewöhnt sind und der deshalb auch nicht mehr verwunderlich ist. So sieht man in riesigen Shoppingvierteln, in denen sich die gefakten Gucci-Taschen in den Schaufenstern stapeln, alte, dürre Frauen auf massigen Tüten voller Plastikflaschen sitzen, die sie irgendwo für vermutlich sehr wenig Geld verkaufen. In den U-Bahnen, zwischen Menschenmassen, die gebannt auf ihre Smartphone-Bildschirme starren, schieben Mütter ihre behinderten Kinder vorwärts und betteln um Almosen. Man muss schon manchmal schlucken und für sich selbst entscheiden, wie man manchen Dingen gegenüber stehen will.
Aber natürlich hat jede Medaille zwei Seiten. So ist es ein wahnsinniges Erlebnis gegen Sonnenuntergang zum Hohai Lake zu fahren und im Dunkeln die Farbspiele, die die Bars und Restaurants mit ihren Lichtern auf dem See erschaffen zu genießen, der Livemusik, die aus jeder Tür anders erklingt zu lauschen oder sich ein kleines Boot zu mieten und damit unter weißen Brücken, auf denen alte Männer ihre Drachen steigen lassen, hindurch zu schippern.
Ich habe bisher einige Viertel besichtigt, blind auf die Karte getippt und mich in die U-Bahn gesetzt und kann trotzdem nicht behaupten Peking einschätzen zu können. Ab 23 Uhr, wenn die U-Bahnen ihren Verkehr eingestellt haben und man vor einer vollbefahrenen Straße ein Taxi anhalten muss, dessen Taxifahrer das Ziel nicht kennt und man ihm den Weg beschreiben muss, wenn man die Straße ohne Ampel oder Zebrastreifen und vor allem ohne Interesse der Autofahrer anzuhalten überqueren will, wenn man sich in den bereits völlig überfüllten Bus quetschen muss und noch 20 andere Menschen hinter einem dasselbe Interesse verfolgen, wenn man im Supermarkt schockiert feststellt, dass alle Güter seit Monaten abgelaufen sind, bis man Tage später erfährt, dass in China das System anders herum funktioniert und nicht das Ablaufdatum, sondern das Herstelldatum auf das Produkt gedruckt ist – dann sind das alles Herausforderungen, die Peking an mich richtet und denen ich mich mit einem Lächeln entgegen stelle. Denn „Nothing Great Was Ever Achieved Without Enthusiasm“ oder so steht es zumindest auf meiner U-Bahnkarte.
Liceo Almirante Riveros, Chile, 2015-16
von Ruth Bohsung
Brief aus Santiago – 03.09.2015
Jetzt neigt sich mein 9. Tag in Santiago dem Ende zu und es wird höchste Zeit, dass ich was von mir hören lasse, sonst kann ich all das Erlebte gar nicht mehr bündeln. 9 lange Tage, die wahnsinnig schnell rum gingen und so viel Verschiedenes mit sich gebracht haben.
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Meine zwei Mitbewohner und ich sind gut in Santiago angekommen und wurden freundlich von unserem Chef empfangen und zu unserer Wohnung gebracht. Da kam mir mein Gepäck auf einmal so sperrig und massig vor in der kleinen Wohnung. Mittlerweile haben wir uns schön eingerichtet. Ich mag mein kleines Zimmer, geschmückt mit vertrauten Bildern und einem Hauch von Heimatsgefühl.
Wir wohnen im 4. Stock in einem Wohnblock, der von einem Pförtner bewacht wird. Ich bin mal gespannt, ob der kleine Pool im Hof genutzt wird im Sommer.
Es ist wahnsinnig laut hier. Die Wände sind sehr dünn und ob es der Fernseher oder die Musik (von Hardstyle über Mainstream zu Trap bis zum Salsa – Gedudel) der Nachbarn ist, es hört sich an, als wenn sie sich in dein Zimmer platziert hätten. Da hilft nichts als gegensteuern, aber bei Musik tue ich das ja gerne, und liebend gerne auch laut!
Ich weiß nicht, was mit den Alarmanlagen von den Autos hier ist, aber ich höre jeden Tag die verschiedensten Variationen des Auto-Gesangs. Ohne das ich Zeuge zahlreicher Autodiebstähle werde, wohlgemerkt!
Das Wasser schmeckt leider sehr nach Chlor. Aber frische Zitronen werten es auf und ich hoffe bloß, man bekommt nicht allzu schnell eine Zitronenüberdosis!
Von unseren Vorgängern haben wir die Fahrräder bekommen und das macht mich richtig glücklich. So erkunde ich die Stadt auf zwei Rädern und bin jedes Mal stolz wenn ich das Straßen-Labyrinth auch ohne GPS durchschaut habe. Die Wege sind weit. Aber bei den krassen Bildern – Palmen vor den Fassaden der Häuser umrahmt von den Eisbergen der Anden einerseits und andererseits viel Müll, kleine zerbrechliche Häuser und viele Straßenhunde – die vorbei fliegen, vergehen die Fahrten schnell. Nur die Luft ist ganz schön schlecht. Unmengen an Abgasen lassen den Hals kratzen und zeugen der vielen, vielen chaotischen Autos. Auf den Straßen ist viel los. Es wird überholt, egal ob links oder rechts und viel gehupt. Manchmal gilt es einem selber – mal schimpfend, mal schmachtend –, manchmal den anderen Autofahrern.
Trotz Slalom durch die vielen Scherben hatten wir schon zwei Platten. Hab den anderen zwei beigebracht, wie man Reifen flickt und ich denke am Ende des Jahres werden wir Weltmeister darin sein.
Auch einen Wasserrohrbruch haben wir schon überlebt und gemeistert. Da kam ich am Dienstag nach Hause und wollte eigentlich nur ins Bett und einen Tee trinken und stand plötzlich im Wasser, welches in der ganzen Wohnung ein paar Zentimeter hoch stand. Da kam auch schon eine aufgeregte Nachbarin hoch und sprudelte mich mit schnellem Spanisch zu. Es tropfte bei ihr von der Decke (wieder die dünnen Wände!). Nachdem ich dann mit Kopfschmerzen das Wasser mit Handtüchern aus dem Teppich sog, kamen endlich die anderen Freiwillige mit Gerhard nach Hause. Sie wussten dann schon bescheid. Gerhard ist sehr hilfsbereit. Er hat dann den defekten Schlauch unter der Spüle abgeschraubt und die nächsten Tage wird er kommen und einen neuen ran machen. Solange haben wir Wasser im Bad.
Apropos Wasser im Bad: Es sei nur so viel gesagt: Jede Eisdusche auf dem Brennesselhof ist gar nichts dagegen. Unser Warmwasser funktioniert zurzeit nicht und deshalb heißt es: kalt duschen! Am Körper ist es ja noch ganz lustig, aber am Kopf wirklich eine schmerzende Überwindung!
Mittlerweile wurde der Boiler aber repariert und wir haben nun warmes Wasser.
Meine Arbeit macht mir sehr viel Spaß. Richtig toll wird es dann vermutlich wenn ich richtig Spanisch kann. Der Theaterlehrer ist richtig nett, lustig und offen. Vor allem ist sein Umgang mit den Kindern schön. Die mögen sich alle richtig gerne und lachen viel zusammen.
Aktuell führen sie ein Stück auf und danach werden wir Titus Andronicus von Shakespeare spielen. Ich soll auch mitspielen. Wie das alles laufen wird, weiß ich aber noch nicht genau.
Es hat mich so glücklich gemacht zu sehen, wie Kunst einen Ort beleben kann. Neben meinem Theater Projekt gibt es noch einen Kunst – Kurs und die Big Band sowie Unterricht für verschiedene Instrumente. Nach dem Unterricht, um 14:00 bleiben dann also viele Schüler in der Schule und nutzen die Angebote. Ich denke das ist keine Selbstverständlichkeit und freue mich zu sehen, wie viel es manchen Kindern Spaß macht.
Am Sonntag erkundete ich ein bisschen die Gegend. Die Straße in der ich wohne wird sonntags für Autos bis 14:00 gesperrt. Da wurde dann Inline Skates und Fahrrad gefahren, ein paar Leute joggten oder gingen einfach spazieren. Ich denke, dass das angeboten wird, weil es fast gar keine Parks und Grünflächen gibt. Eine tolle Idee, finde ich.
Als ich dann da so beglückt freihändig Fahrrad fuhr, hörte ich auf einmal die typische lateinamerikanische Musik (weiß nicht wie ich sie sonst nennen soll) und stieß auf eine Gruppe tanzender Menschen. Eine Frau stand vorne auf einer Erhöhung, schwang die Hüften und tanzte die Choreographie vor. Ob jung oder alt vor ihr und ich dann auch. Was für ein schönes Gefühl auf der Straße zu tanzen mit Bergen und Palmen im Hintergrund.
Ein zweites Tanzerlebnis gab es dann gleich am folgenden Tag. Da kam ein Tanzlehrer in die Schule, studierte mit uns einen Tanz ein. Ein traditioneller Tanz mit viel Po – Gekreise und einer Menge Hüftschwung. Irgendwann verstand ich dann, dass wir das gerade für das Schulfest, anlässlich des Nationalfeiertages Chiles' am 18.9. einstudierten und ich nun, mitten in der Mitte platziert, mittanzen werde. Nur mein Kleid fehlt noch. Aber da kümmert sich eine ganze Horde aufgeregter Mädchen drum. Ich freue mich drauf!
Mit meinen WG-Partnern (auch deutsche Freiwillige, die im Kunst und Musik-Projekt der Schule sind) ist es manchmal ein bisschen schwierig, weil wir alle drei ganz schön gegensätzlich sind. Aber ich habe mir vorgenommen, mit einer positiven Einstellung dran zu gehen und mich auf sie einzulassen! Ich hoffe das klappt.
Vocational Insitute of ecological Techniques Fume, Ghana, 2015-16
von Louisa Regel
Heute ist Samstag und meine dritte Woche in Ghana ist fast vorbei. Und dafür, dass ich eigentlich erst seit so kurzer Zeit hier bin, habe ich schon mächtig viel erlebt.
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Ghana-First Month
Louisa Regel
Einsatzstelle: Vocational Insitute of ecological Techniques Fume-Dzokpe
Als ich am Flughafen in Accra angekommen bin, wurde ich gleich von meinem Projektleiter Noah, seinem Sohn Wisdom, dessen Frau Tanja und ihrem Baby Isami abgeholt (Isami bedeutet in dem hier gesprochenen Dialekt „Fröhlich“). Irgendwie haben wir dann alles ins Auto gestopft und sind eine halbe Stunde gefahren bis wir dann in Achimota angekommen sind. Das ist der Ort in dem die Familie wohnt und in dem wir die ersten vier Tage geblieben sind. Auf dem Weg vom Flughafen in die kleine Stadt, hatte ich etwas Zeit mir die Umgebung anzusehen. Die Straßen sind voll von Essens- und Verkaufsständen, dazwischen sind sehr viele Menschen und viel Müll. Hier wird nämlich fast alles auf den Boden geworfen, weil es keine Mülleimer gibt. Besonders schlimm ist es in größeren Städten.
Als wie angekommen sind, bin ich nur noch ins Bett gefallen, nachdem ich mich geduscht habe. Die Dusche besteht hier aus einem großen Eimer, der mit Wasser gefüllt ist und einem kleinen, mit dem man sich das Wasser über den Kopf kippt, dazu gibt’s noch etwas Seife, und Voila. Ich habe allerdings in einem Guest house geschlafen, das auch irgendwem der Familie gehört und das hatte sogar fließend Wasser. Normalerweise holt man das Wasser aus einem Brunnen.
Der Tag beginnt sehr früh in Ghana, die meisten Leute stehen gegen 6 Uhr auf, ich habe es allerdings an meinem ersten Tag nicht vor acht aus dem Bett geschafft. Wenn man dann aufgestanden ist, geht man zu einem der endlos vielen Essensstände und holt sich ein bisschen Tea Bread, das ähnlich ist wie unser Weißbrot, etwas Margarine aus der Tüte, vielleicht noch ein Rührei und Ti. Ti ist Instantkakao und abgefüllt wird er in Plastiktüten, wie alles andere auch.
Mittags kann man dann Indomie essen, wenn man noch nicht mit dem Essen hier klar kommt. Das sind Chinanudeln mit Gemüse und Fischkrams oder Fleischkrams. Grundsätzlich findet man Fleisch nur als Beilage in Gerichten, sowas wie Suppenfleisch. Über das restliche Essen hier lassen sich zwei Sachen sagen. Einmal ist alles unglaublich scharf, weil überall „Pepe“ reingemacht wird. Wisdom hat mir erklärt, dass es eigentlich benutzt wird, damit man mehr Wasser während der Mahlzeit trinkt und somit schneller satt wird. Die andere Sache ist, dass unser „deutscher-Magen“ das alles leider nicht ganz verträgt. Allerdings haben wir die Vermutung, dass es den Ghanar nicht anders geht, da sie sich oft über Magenschmerzen beschweren. Das würden sie allerdings nie zugeben.
An meinem ersten Tag bin ich von Tanja am Guest House abgeholt worden, sie hat mich dann zum Haus von Noah gebracht. Dort angekommen wurde ich erstmal von seiner Frau in den Arm genommen und sehr herzlich begrüßt. Noah und seine Familie wohnen in einem kleinen Häuserkomplex mit ein paar anderen befreundeten Familien. Überall laufen Kinder herum und man weiß eigentlich nie so richtig wo wer hingehört. Tiere sind nicht wie bei uns in einem Stall, sondern wuseln immer irgendwie um einen herum, da kann es schonmal passieren das dich ein Huhn in den Zeh pickt. Die Familie von Noah heißt Gbexede (Was man bähaede ausspricht) und scheint auf den ersten Blick sehr viele Mitglieder zu haben, denn egal wo man lang läuft, an jeder Ecke wohnt ein Bruder oder eine Schwester. Später habe ich dann herausgefunden, dass ein Bruder hier nicht unbedingt dein Leiblicher Bruder sein muss, sondern kann auch der Sohn deiner Tante sein.
Ich weiß noch, dass ich am ersten Tag unglaublich überfordert damit war Englisch zu sprechen und damit, dass ich eigentlich niemanden kannte. Seitdem ich in Ghana bin, habe ich aber eine für mich sehr angenehme Herangehensweise an jederlei Dinge gefunden. Ich denke nämlich nur noch über den vor mir liegenden Tag nach. So lässt sich eigentlich alles bewältigen und man wird nicht von dem Gedanken überrollt, dass man die nächsten acht Monate hier ist und irgendwie klar kommen muss. Diese Art besitzen übrigens fast alle Ghanaer, was dazu führt, dass eigentlich nie irgendwas geplant ist, sondern man einfach guckt was passiert. Teilweise sehr entspannend, teilweise aber auch sehr anstrengend. Wenn irgendein Termin ansteht fragen wir immer nochmal nach „In German-time or Ghanaian-time?“
Um mir eine ghanaische Handykarte zu holen und um Geld zu wechseln sind wir mit dem Trotro (das sind alte Busse in die soviele Menschen wie irgendwie geht reingequetscht werden) bis nach Lapaz, in die nächst größere Stadt gefahren. Für meine 300 Euro habe ca. 1200 Ghana Cedis bekommen, was hier eine Unmenge an Geld ist. Ein Lehrer and unserer Schue, zum Beispiel, verdient im Monat ungefähr 300-400 Ghc. Da braucht man sich nicht zu wundern, dass man allgemein von allen als sehr reich angesehen wird. Was manche Ghanaer trotzdem nicht daran hindert einem alles bezahlen zu wollen. Allgemein sind die Menschen hier sehr spendabel, jeder der was hat, teilt es mit anderen. Allerdings wird es auch von dir erwartet. Allerdings wendet sich das Blatt auch nach einiger Zeit.
Das erste woran man sich in Ghana gewöhnen muss, ist, dass alles was man erledigen will, viel mehr Zeit benötigt und das die Pläne die man sich für den Tag macht eigentlich nie funktionieren. Ein weiterer Punkt ist, dass man immer auffällt und angeguckt wird, meistens hört man irgendwen „Obruni“ rufen, was „Weißer“ heißt. Viele haben hier nämlich noch nie einen „weißen“ Menschen gesehen. Vor allem Kinder sind ganz begeistert oder haben Angst vor einem, was man nicht ganz nachvollziehen kann.
Ich habe vor meiner Ausreise immer versucht mir vorzustellen, wie es in Ghana ist, jetzt muss ich feststellen, dass sowas absolut nicht funktioniert. Man ist unglaublich von Vorurteilen geprägt. Ich weiß noch, dass ein paar Freunde mich gefragt haben, ob ich denn überhaupt ein Dach über dem Kopf hätte. Eine häufige Reaktion auf meine Verkündung „Ich gehe nach Ghana“, war auch „Oh! Du bist aber mutig!“
Jetzt wo ich hier bin stelle ich fest, dass sich alles gar nicht soviel anders anfühlt.
Der Ort in dem ich die nächsten acht Monate wohnen werde und den man auf keiner Karte finden kann heißt Fume und befindet sich in der Volta Region, welche im Osten Ghanas, nahe der Grenze zu Togo liegt. Er ist umringt von hohen Berghängen und dichten Wäldern. Das Ganze Dorf besteht nur aus ein paar Häusern, einer Schule und den kleinen Geschäften an der Straße, von denen eigentlich rund um die Uhr Musik zu hören ist. Neulich wurde auch mal Abba und Celine Dion gespielt, auf die alle hart abfahren.
Wenn es Neuigkeiten gibt verkündet sie jemand über die Lautsprecher, egal wie viel Uhr es gerade ist.
Freiwilligendienste in Europa
Arche Paris, Frankreich, 2015-16
von Friederike Busse
Liebe Freunde, liebe Familie,
liebe Unterstützer,
nun sind schon wieder drei Monate vorüber! Die Zeit hier in der Arche vergeht für mich rasend schnell - woran das liegt? Es gibt immer etwas zu tun … Die Arbeit macht mir Spaß und, so kitschig das jetzt klingen mag, erweitert meinen Horizont.
Ich wage jetzt, nach 4 Monaten, zu behaupten, dass ich im neuen Rhythmus des Alltags angekommen bin.
Aber nach dem Gewöhnen an diesen neuen Alltag warten natürlich zahlreiche andere Herausforderungen auf mich. Das macht die Arche für mich aus; die Lernvorgänge spielen sich nicht nur in den ersten zwei bis drei Monaten ab und verlieren sich dann in monotoner Routine – nein, es geht immer weiter!
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Da wäre zum Beispiel Autorität zeigen in meiner Wohngemeinschaft. Vor einigen Wochen wurden Maria, meiner Mitfreiwilligen, und mir die Verantwortung für explizit zwei Personen unseres Foyers zugeteilt. Man könnte uns Mentorinnen dieser Personen nennen. Das bedeutet, dass wir uns um ihr Taschengeld kümmern und auch diejenigen sind, die sich mit dem „personalisierten Projekt“ beschäftigen. So ein Projekt hat in der Arche jede betreute Person und es dient dazu Fortschritte auf den unterschiedlichsten Ebenen des alltäglichen Lebens zu machen. Das kann zum Beispiel das Pflegen sozialer Kontakte oder Autonomie im Umgang mit Geld betreffen.
Gibt es allerdings Probleme mit einer Person im Foyer, bin ich es, als ihre Mentorin, die diese mit ihr bespricht. Es gilt dann, Regeln aufzustellen, klare Grenzen aufzuziehen, eben die Rolle einer Autoritätsperson einzunehmen – und das möglichst glaubwürdig bitte! Nicht leicht, wenn man zum ersten Mal in so einer Position ist, und es in seiner höchsternsten Standpauke nur so vor Sprechfehlern wimmelt.
Diese pädagogische Arbeit macht mir aber trotzdem großen Spaß, weil man, sowohl bei sich selbst, als auch bei der Person mit Behinderung, Fortschritte feststellt.
Eine weitere Herausforderung, die mich in der Arche beschäftigt, ist das Übernehmen von Verantwortung.
Ich hatte schon ein, zwei Nebenjobs während meiner Schulzeit, in denen ich meinte, zu lernen, Verantwortung zu tragen. Nach einigen Wochen mit den geistig behinderten Personen, weiß ich aber sicher, dass ich erst hier lerne, was das wirklich heißt. Es heißt, dass ich jeden Freitagabend allein (als einzige Assistentin) mit den Personen gelassen werde; dass alle die richtigen Medikamente erhalten; dass ich mich richtig verhalte, wenn Patrick einen epileptischen Anfall hat; dass ich in stressigen Situationen nicht den Kopf verliere und den Personen das Gefühl gebe, alles im Griff zu haben … Diese Verantwortung setzt mich auf der einen Seite unter Druck und hat mir ganz zu Anfang auch ziemliche Angst eingejagt. Auf der anderen Seite gibt es mir aber auch außerordentliches Selbstvertrauen und Sicherheit. Ich weiß, dass ganz einfach auf mich gezählt wird und das ist ein gutes Gefühl. Man wird gebraucht und erledigt, mit diesem Gedanken im Hinterkopf, seine Arbeit sehr gewissenhaft und sorgfältig.
Hin und wieder geht mir hier in der Arche bei diesen nicht ganz leichten Aufgaben, die Rückschläge und Enttäuschungen mit sich bringen, auch mal die Puste aus.
Motivation, am Ball zu bleiben, geben mir Momente, in denen ich merke, dass ich längst noch nicht all die versteckten „Schätze“ in den Personen, die ich betreue, entdeckt habe.
Kürzlich wurde der Geburtstag von Véronique, einer Autistin aus meinem Foyer, gefeiert. Véronique spricht kaum bis gar nicht. Sie kann an guten Tagen Ansätze von einfachen Wörtern formulieren und auf Ja-, und Nein-Fragen ungefähre Antworten geben.
In einem Punkt des Abends wurde ihr Lieblingslied gesungen, von dem ich im Übrigen gar nichts wusste. Plötzlich hörte ich eine Stimme, die mir ganz fremd vorkam. Ich drehte mich schräg zur Seite, um herauszufinden, dass es Véronique war, die ihr Lied mitsang, zwar kaum artikuliert und mehr in einer Art Summen, dafür aber mit einem Leuchten in den Augen und einem freudigen Grinsen. Dieser Anblick hat mir unheimlich viel Freude bereitet.
Einen ähnlichen Moment habe ich mit Patrick erlebt. Ich war mit ihm an einem Freitagnachmittag im Wohnzimmer und legte eine CD von Charles Aznavour, mittlerweile 91-jährigem Chansonnier, ein. In meiner „Freitagnachmittagsstimmung“ fing ich dann an zu schunkeln und mitzusummen während ich die Wäsche aufhängen wollte. Da sah ich, dass Patrick, der gerade in der Küche stand (Küche und Wohnzimmer sind bei uns nicht getrennt) auch anfängt zu schunkeln und zu tanzen, während er sein Lieblingsgeschirr abtrocknete. Er kannte, im Gegensatz zu mir, den Text und stimmte ganz ungeniert mit Monsieur Aznavour ein. So tanzend und singend habe ich Patrick noch nie zuvor erlebt, obwohl ich in meinen vier Monaten hier schon oft mit ihm französische Musik gehört habe! Wir haben schließlich zusammen geschunkelt und laut über uns selbst gelacht.
Was mich außerdem sehr motiviert ist, dass ich Fortschritte in den Beziehungen zu den Menschen mache.
Nach meiner Probewoche, die ich hier im April diesen Jahres verbracht habe, war ich der Meinung, dass man überraschend schnell eine Beziehung zu den Personen mit Behinderung aufbauen kann. Dem ist allerdings nicht so. Genauso, wie mit Personen ohne Behinderung, braucht es auch mit ihnen Zeit und Energie, um einen Zugang und freundschaftlich-lockeren Umgang zu finden.
Entsprechend fiel meine Reaktion aus, als ich vor einer Woche die Einladung einer Person aus einem anderen Foyer zu ihrem Geburtstag erhalten habe, zu dem nur eine Hand voll Personen aus unserer großen Pariser Gemeinschaft eingeladen waren. Über diese kann ich nur eines sagen: Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte mal so sehr über eine Geburtstagseinladung gefreut habe.
Der Geburtstag war übrigens eine herrlich lockre Party. Es gab Pommes, saftigen gâteau au chocolat, und es wurde zu „Daddy Cool“ getanzt.
Diese Einladung zur Geburtstagsfeier zeigt, wie mir die Personen der Arche in kleinen oder großen Gesten „Danke“ sagen und signalisieren, dass sie schöne Momente, die sie mit mir schon verbracht haben, nicht vergessen haben.
Gleich im zweiten Satz dieses Berichtes schrieb ich, dass meine Arbeit in der Arche bereichernd ist. Das liegt nicht nur daran, dass ich lerne Verantwortung zu tragen und Autorität zu zeigen, sondern auch daran dass ich dazu angeregt werde über ganz persönliche Dinge nachzudenken. Dazu zählen zum Beispiel mein Berufswunsch oder meine Religion und mein Glaube.
Wir hatten letzte Woche eine Fortbildung mit dem Namen „das spirituelle Leben in der Arche“. Ich habe bemerkt, dass ich zum ersten Mal ernsthaft hinterfrage, wo ich mich in einer religiösen, oder eben nicht religiösen Welt, einordnen kann.
In meinem Kopf geht es also drunter und drüber.
Und wenn zwischen meinen Ohren mal Stille herrscht, hat die Arche eine Beschäftigung für mich parat - mir wird niemals langweilig hier.
Ende Oktober habe ich mit drei weiteren Assistenten und fünf Personen mit Behinderung einen Wochenendausflug gemacht. Wir haben zwei Tage in einer Archegemeinschaft in der Nähe von Paris verbracht. Es war interessant, zu sehen, wie sich der Alltag in anderen Gemeinschaften abspielt, und genauso schön wieder in das gewohnte Umfeld zurückzukehren.
In solchen Momenten der Rückkehr in das Foyer merkt man, wie sehr dieses schon zu einem heimatlichen Ort, einem Zuhause, geworden ist.
Da ich hier in der Arche nicht in vollkommener Isolation lebe, sind natürlich die Attentate vom 13.November nicht unbemerkt an mir vorbeigegangen. Ich bin an diesem Freitagabend mit einer Mitfahrgelegenheit ca 10 Minuten bevor die Attentate begonnen haben in Paris angekommen. Ich wollte den Abend mit ein paar anderen Freiwilligen der Arche tanzen gehen und erwartete für den nächsten Morgen eine Freundin aus Erwitte, die Samstag und Sonntag mit mir in Paris verbringen wollte, denn – ja – es war mein freies Wochenende!
Das alles fiel natürlich flach.
Ich habe das Wochenende in der Wohnung von drei Mitfreiwilligen verbracht. Wir sind das ganze Wochenende nicht raus gegangen … weil man sowieso nichts hätte machen können (alles war geschlossen)? Weil uns nach all den Opfern einfach nicht nach Sightseeing war? Aus Angst? … Eine Mischung aus allem würde es vielleicht am ehesten treffen.
Ich habe einige Zeit später einen „Soirée Foyer“ (gemeinsamer Abend der Wohngruppe) dazu genutzt, zu versuchen das Thema den Bewohnern mit Behinderung näher zu bringen – keine leichte Angelegenheit. Mir war es unheimlich wichtig das Ganze anzusprechen, weil eine geistige Einschränkung nicht der Grund dafür sein darf, ein solch weltbewegendes Geschehen spurlos an sich vorbeiziehen zu lassen. Es fiel mir schwer dieses komplexe Thema auf das allerwichtigste herunterzubrechen, hoffe aber, das die Bewohner möglichst viel von diesem Abend mitgenommen haben
Ich, ganz persönlich, habe mein Verhalten nach den Anschlägen nicht wirklich verändert. Ich gehe genauso auf die Straße und nutze die öffentlichen Verkehrsmittel, wie zuvor. An die Taschenkontrollen in jedem Laden und das Militär überall habe ich mich überraschend schnell gewöhnt.
Ich möchte behaupten, dass es Teil meiner Einstellung und Überzeugung ist, mir meine Freiheit nicht nehmen zu lassen, liegt aber wahrscheinlich auch daran, dass ich in einem ruhigen, sicheren Viertel lebe.
Jetzt habe ich euch im wahrsten Sinne des Wortes vollgetextet!
Ich schließe meinen zweiten Bericht also an dieser Stelle kurzerhand ab, bevor mir noch andere Geschichten einfallen.
Ich nutze nur noch einmal die Gelegenheit, um Danke zu sagen, für die tolle Zeit, die ich hier Dank eurer Unterstützung verbringen darf.
Nun wünsche ich euch ein glückliches Jahr 2016, das Gesundheit und schöne Momente mit eurer Familie und euren Freunden für euch bereithält!
Liebe Grüße,
Rieke Busse
Deutsche Schule Helsinki, Finnland, 2012-13
von Lea Wagenfeld
Liebes SFD-Team,
mir geht es gut hier im Norden, ich habe soweit nichts auszusetzen und so dachte ich mir, gehe ich in folgendem Bericht auf Ereignisse der letzten Zeit ein.
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Name: Lea Wagenfeld
Einsatzstelle: Schule Helsinki
Land: Finnland
Mein zwanzigster Geburtstag war ein Beispiel dafür, warum es mir hier so super gefällt: Angefangen beim morgendlichen Geburtstagsfrühstück mit meinen Mitfreiwilligen Julia und Paul, bei dem sich die beiden wirklich Mühe gegeben haben, den telefonischen Glückwünschen meiner Familie und mehreren Briefen und Päckchen aus Deutschland, die zu meiner Freude Großteils direkt an meinem Geburtstag eintrafen. Sowohl meine Freunde, als auch meine Familie und meine Mitfreiwilligen haben sich selbst mit ihren Geschenken übertroffen. Vor allem die Geschenke von Julia und Paul sind ein Beispiel dafür, wie eng wir in der Zeit, die wir nun jetzt schon hier zusammen leben, zusammengewachsen sind und welch Freundschaft uns verbindet – die Geschenke der beiden hätten kaum toller, persönlicher und aufwendiger gestaltet sein können. Auch die Art und Weise in der mein Geburtstag an meiner Einsatzstelle zelebriert wurde, ist ein kleiner Einblick, wie gut ich mich an der DSH eingelebt habe. Schon morgens in der Metro kamen mir die ersten Kinder aus meiner Nachmittagsbetreuungsklasse 2A strahlend entgegen und wollten mir gratulieren, in der DSH kamen dann jede Menge Kollegen und weitere Schüler auf mich zu, um mir ihre Glückwünsche und Geschenklein zu überbringen. Die zehnte Klasse, in der ich als Unterrichtsassistenz tätig bin, sang mir auf Wunsch der Schüler und Schülerinnen ein Geburtstagsständchen – auf Deutsch und auf Finnisch. Doch auch das konnte noch getoppt werden, denn meine Nachmittagsbetreuungskollegin Antje hatte sich in Kooperation mit der Klassenlehrerin der Klasse 2A, Katharina, etwas ganz Besonderes für mich ausgedacht: als ich zur Nachmittagsbetreuung erschien, bat mich die Klasse herein und ich durfte mich auf einen Stuhl vor alle Kinder setzen. Die Klasse sang mir dann in Unterstützung von Katharina, Antje und der Praktikantin Johanna ein Geburtstagsständchen („Ich wünsch dir einen Regenbogen“) und im Anschluss kam jeder Knirps zu mir vor an den Stuhl gelaufen und flüsterte mir seine ganz persönlichen Geburtstagswünsche ins Ohr. Ich war natürlich bereits zu Tränen gerührt, als ich nun auch noch ein herzallerliebstes Geburtstagsgeschenk überreicht bekam: eine riesige „Geburtstagskarte“ in der von jedem Kind der 2A eine Seite gestaltet wurde mit Bild und Gemaltem und den persönlichen Geburtstagswünschen. Ich war so gerührt! Ich glaube man sieht, weshalb mir die Arbeit an der DSH mit den Kindern so viel Spaß macht. Nach der Schule erwarteten mich noch einige Überraschungen und als ich endlich im Wohnheim ankam, musste ich auch schon schleunigst mit Hilfe von Julia ein kleines Buffet vorbereiten, denn ich hatte das halbe Wohnheim dazu eingeladen, am Abend gemütlich meinen Geburtstag zu feiern… die Gäste trudelten bald schon ein und ein weiteres Mal, saß die Antti-Korpin-tie-family, wie wir uns selbst manchmal nennen, gemütlich vereint im Gemeinschaftsraum unserer Wohnung. Von weither waren sie „angereist“ meine Gäste…Frankreich, Österreich, Italien, Deutschland, Portugal, Indien, Griechenland, Kanada, Dänemark, Philippinen, Spanien… Ein tolles Geschenk hatte meine dänische Nachbarin Lotte für mich besorgt: eine Finnlandflagge, auf die jeder Geburtstagsgast einen ganz persönlichen Gruß schreiben konnte – ein unbezahlbares Erinnerungsstück! Doch ich hätte ihn auch so niemals vergessen…meinen zwanzigsten Geburtstag, meinen ersten weg von zu Hause und doch mit Abstand einer der schönsten!
Nun bleibt noch Platz für ein weiteres Ereignis meines Freiwilligenjahres:
Die Reise nach Russland mit Paul, Julia und Giorgio, einem befreundeten Italiener aus dem Wohnheim.
Ich finde diese Reise ist, so wie auch die Reise nach Lappland über Ostern mit vier Griechen, zwei Österreichern, einem Italiener und uns drei Deutschen, ein super Beispiel dafür, wie viele Freundschaften wir in diesem Jahr schon mit jungen Menschen aus der ganzen Welt geschlossen haben. So eine gemeinsame Reise schweißt zusammen und nebenbei redet man andauernd Englisch, was meine Sprachkenntnisse schon deutlich verbessert hat.
Wir sind mit der Fähre von Helsinki nach Sankt Petersburg gefahren und waren auch nur 72 Stunden in Russland, die maximale Zeit, die man sich dort ohne Visa aufhalten darf. Doch die Zeit hat gut gereicht, um einen ersten Eindruck von diesem Land und dieser, zu unserer Überraschung doch relativ westlich geprägten, Stadt zu bekommen. Wir kamen am 9ten Mai in Sankt Petersburg an, ausgerechnet der Tag, an dem die Russen feiern, dass sie den Krieg gegen Deutschland gewonnen haben. Die ganze Stadt war in Aufruhr, alles voll kommunistischen Flaggen, in den Fernsehern liefen Filme über das Thema, öffentliche Aufführungen von uniformierten Kindern zur Feier des Tages, überall Schleifen und Blumen für die Kriegsveteranen,… Wir legten es nicht darauf an, als Deutsche erkannt zu werden, da wir nicht wussten, wie das bei den Einheimischen ankommen würde und gaben uns sicherheitshalber, wenn von Passanten nach der Nationalität gefragt, als neutrale Schweizer aus.
So verbrachten wir ein paar unvergessliche und einprägsame Tage im schönen Sankt Petersburg.
Der letzte Punkt auf den ich eingehen möchte, ist mein Besuch.
Ich habe bereits relativ viel Besuch erhalten…meine Familie, die mich anfänglich nach Helsinki brachte und ein paar Tage in der Stadt blieb, meine Freundin Teresa, meine Freundinnen Nikola und Patricia und meine Freundin Lisa, kamen hochgeflogen, um das Land, von dem ich so begeistert bin und mich zu sehen. Alle vier Freundinnen blieben nur für ein paar Tage, jedoch reichte das, um die schönsten Ecken Helsinkis zu zeigen. Da der Stadtkern Helsinkis relativ klein ist, reicht im Normalfall ein Tag, um die bekannten Sehenswürdigkeiten abzuklappern und so blieb bei allen Besuchen noch Zeit für die schöne Insel Seurasaari, ein Heißgetränk in meinem Lieblingscafé Regatta und eine Fahrt mit der Fähre auf die Insel Suomenlinna. Alle vier bekamen außerdem einen Einblick in die finnische Saunakultur, das Nachtleben Helsinkis, mein Leben und meine Leute im Wohnheim und meine Arbeit an der DSH. Ich finde es immer schön Besuch zu haben und auch für Julia und Paul ist es interessant, meine Freunde von zu Hause kennenzulernen.
Nach wie vor fühle ich mich in meiner Einsatzstelle und in meiner allgemeinen Situation mit Kollegen, Mitfreiwilligen, Land und Leben, sehr wohl.
Ich bin mir sicher, mit diesem Auslandsjahr in Helsinki, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Scottish Youth Hostel Association, Schottland, 2012-13
von Julia Haelke
Ich bin jetzt seit dem 3.September hier in Schottland. Die erste Woche haben Franzi, Thiemo und ich in Stirling verbracht. Wir waren im dortigen Youth Hostel untergebracht und haben Frühstück und manchmal auch Abendessen bekommen. Im National Office der SYHA haben wir alle wichtigen Leute kennengelernt. Tamie, die für uns zuständig ist, ist richtig nett und ist (im Vergleich zu manch anderen Leuten hier) sehr gut zu verstehen. Der schottische Akzent ist nämlich manchmal ziemlich schwer zu verstehen, das geht aber nicht nur Ausländern so, sondern auch oft genug den Engländern :).
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Name: Julia Haelke
Einsatzstelle: SYHA
Land: Schottland
Die drei Mädels vom Marketing-Team waren total nett und haben uns gleich angeboten Bilder und Texte im SYHA Blog zu posten, falls wir mal was interessantes unternehmen, oder einfach wenn wir Lust und Zeit haben und vielleicht schreiben sie einen Artikel über uns im Hosteler-Magazin.
In Stirling haben wir dann, zusammen mit Linda Hamilton, unser Bank-Konto bei der Loyds TSB eröffnet. Außerdem haben wir eine Railcard bekommen, mit der es für uns Vergünstigungen auf den Zugverkehr gibt. Das ist echt praktisch, da ich Franzi jetzt schon einmal in Glasgow besucht und mit der Railcard habe ich ca. 4 Pfund gespart. Ansonsten hatten wir in Stirling auch viel freie Zeit, in der wir z.B das Stirling-Castle besucht haben, in das man umsonst rein darf, wenn man in Stirling wohnt.
Am 10. September hieß es dann Abschied nehmen, da wir alle in unsere unterschiedlichen Einsatzstellen reisen mussten. In meinem Fall ging es nach Oban. Von Stirling aus bin ich ca 4,5 Stunden mit dem Zug gefahren. (Die Reisekosten, die wir zahlen, wenn wir von Einsatzstelle zu Einsatzstelle fahren, übernimmt die SYHA.) Oban liegt in den Highlands, an der Westküste von Schottland in der sogenannten Argyll-Group. Es ist eine kleine Fischerstadt, die direkt am Meer liegt. Auch das Hostel liegt direkt am Wasser und von meinem Zimmer aus, habe ich sogar Meerblick! Das Hostel besteht aus zwei Gebäuden. Dem Hauptgebäude, das vor einem Jahr renoviert wurde und richtig schön ist, und dem Hintergebäude, der sogenannten Lodge. In dieser Lodge habe ich mein Zimmer. Ich habe hier Klo, Dusche, 2 Hochbetten und auf jeden Fall genug Platz.
Zu meiner Überraschung durfte ich gleich an meinem ersten Arbeitstag an die Rezeption! Wir haben zwar in Stirling schon zugeschaut wie das System funktioniert mit dem man die Zimmer bucht, Leute ein- und auscheckt und Bezahlungen aufnimmt, es ist aber so kompliziert, dass ich es auch nach drei Wochen noch nicht vollkommen verstehe. An meinem ersten Tag hatte ich also noch ziemlich mit diesem System zu kämpfen.
Am zweiten Tag war ich dann schon so gut wie alleine an der Rezeption und durfte sogar schon ans Telefon. Obwohl das meiner Meinung nach ein bisschen übertrieben war, denn ich konnte den Leuten noch nicht wirklich weiterhelfen und musste das Telefon dann immer weitergeben.
Trotzdem finde ich es auf jeden Fall sehr, sehr gut, dass ich nicht nur zum putzen hier bin und mir auch eine gewisse Verantwortung gegeben wird.
Die anderen staff- Mitglieder sind echt nett. Sie sind zwar alle schon etwas älter als ich, aber das ist ok. Mary, die Hostelmanagerin, versucht mir meine freien Tage so einzurichten, dass ich ungefähr zur selben Zeit wie Franzi und Thiemo frei habe. Was ich richtig nett finde und auf keinen Fall selbstverständlich ist.
Es gibt hier verschiedene Arbeitsschichten. Die erste Schicht fängt um 7 Uhr an und man sitzt bis um 10 Uhr an der Rezeption und checkt eigentlich nur die Leute aus. Um 10 Uhr fängt dann das Putzen an. Das Hostel ist von 10 bis 2 Uhr geschlossen und in dieser Zeit werden alle Zimmer geputzt die benutzt wurden. Das ist manchmal echt anstrengend. Die nächste Schicht geht dann von 3 Uhr mittags bis 11 Uhr abends und man sitzt wieder an der Rezeption, muss aber diesmal die Leute einchecken. Es kommen erstaunlich viele Deutsche hierher, aber ich versuche trotzdem so oft wie möglich englisch zu reden. Obwohl es manchmal auch ganz schön ist wieder deutsch zu reden.
Mit dem Geld bin ich bis jetzt gut ausgekommen. Bis jetzt habe ich für Dinge wie Essen, also Dinge die man einfach braucht ca 80 Pfund ausgegeben, es bleibt also auf jeden Fall noch genügend Geld übrig um mal einen Kaffee trinken zu gehen oder in einen Pub zu sitzen.
Ich habe mir einen Internetstick gekauft, da wir hier leider keinen kostenlosen Internetzugang haben. Ich bin aber noch nicht ganz überzeugt, weil er eigentlich 3 Monate halten sollte, ich aber schon über die Hälfe verbraucht habe, obwohl ich wirklich nicht viel im Internet bin. Ich glaube das war eine Fehlinvestition, aber mal schauen, vielleicht ist das Aufladen nicht ganz so teuer und dann wäre das ja in Ordnung.
Meine freie Zeit habe ich bis jetzt mit Lebensmitteleinkäufen und der Erkundung von Oban verbracht. Ich will hier auf jeden Fall noch viel wandern gehen, denn die Landschaft hier ist wirklich richtig schön! Vielleicht kann ich mich auch aufraffen wieder ein bisschen mehr Sport zu machen :)
Ich denke ich werde die anderen Freiwilligen auch öfter mal besuchen gehen. Nächste Woche kommt Franzi zu mir nach Oban, worauf ich mich echt freue! Und da Schottland ja kein allzu großes Land ist, kann man sich gut besuchen ohne zu viel Geld auszugeben.
Die SYHA hat ein paar Änderungen und Verbesserungen durchgeführt, was die Freiwilligen aus Deutschland angeht. Was ich auf jeden Fall gut finde, ist, dass wir von Anfang an wussten, in welche Hostels wir kommen. So kann man einfach besser planen und hat irgendwie mehr Sicherheit.
Ich werde von September bis Dezember in Oban sein. Danach bin ich für drei Monate in Glasgow, dann drei Monate in Rowardennan und zum Schluss noch zwei Monate in Edinburgh Metro. Ich bin richtig begeistert von meinem Einsatzstellen, denn es ist immer ein Wechsel von Stadt zu eher ländlichen Gegenden, von Norden nach Süden. So lerne ich Schottland ganz gut kennen.
Bis jetzt habe ich leider noch nicht so viele Möglichkeiten um Englisch zu sprechen, aber ich hoffe das ändert sich, wenn ich mehr Arbeitszeit an der Rezeption verbringe.
Ein Satz zu meinem Freiwilligendienst
Neue Sonnenschule Madrid
von Nele Wagenfeld, 2015/16
"Wenn wir uns wiedersehen, singen wir ganz laut Enrique Iglesias und erzählen uns von dem Winter ohne Heizung und dem Sommer in Spanien."
Longo Mai, Costa Rica
von Anna Geisler, 2015/16
"Ich bin über den blinkenden Tellerrand gehüpft und im dreckigen Abwaschwasser gelandet - jetzt kann ich schwimmen."
Longo Mai, Costa Rica
von Laila Tremel, 2015/16
"Es gibt keinen Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit - man lebt einfach."
Compagnons Batisseurs
von Tobias Kelliger, 2012-13
"Auch wenn ich "nur" in Frankreich war, habe ich so viel erlebt, wie noch nie, so viele Erfahrungen gesammelt,
Ideen dazu gewonnen und Neues gelernt. Das mir mein Freiwilligendienst so viel bringt hätte ich nicht gedacht!"
Compagnons Batisseurs
von Zarah Rietschel, 2012-13
"Neben vielen schönen Erlebnissen und Erfahrungen hat mir mein Freiwilligendienst auch bei der Berufswahl geholfen: Auch wenn ein Jahr Handwerk gerade nach 13 Jahren Schule spannend und abwechslungsreich sein kann, weiß ich jetzt, dass ich keine Dachdeckerin werden möchte."
Deutsche Schule Lissabon
von Charlotte Schaetzky, 2012-13
"Fremdes wird Alltag. Arbeit wird Freizeit. Bekannte werden Freunde. Lissabon wurde ein Stück Zuhause."
Deutsche Schule Oslo
von Lukas Werner, 2012-13
"Dieses Wagnis, sich einer Kultur auszuliefern, bedeutet für mich vielmehr, sich selbst zu versuchen, seine Freiheit zu entdecken, das Leben zu schätzen und sich am Ende doch selbst viel näher zu sein als zuvor."
Musica en los Barrios
von Lara Loescher, 2015/16
"Musik vermag es, Menschen auf eine ganz besondere Art und in einer speziellen Tiefe zu verbinden, wie sonst nichts in dieser Welt."